Ständeratswahlen 2023
7. Wirtschaft & Arbeit (0/5)

1. Befürworten Sie die Einführung eines für alle Arbeitnehmenden gültigen von mindestens CHF 4'000 für eine Vollzeitstelle?

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Erläuterungen
Pro
Contra

In der Schweiz gibt es bisher keinen gesetzlichen Mindestlohn, entsprechende Vorschläge wurden bisher auf nationaler Ebene abgelehnt. In einigen Branchen bestehen Gesamtarbeitsverträge (GAV) oder Normalarbeitsverträge (NAV), in welchen Mindestlöhne zwischen den Sozialpartnern (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden) ausgehandelt wurden. Wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin in einer Branche arbeitet, in der ein Mindestlohn durch einen GAV festgelegt wurde, darf ihm oder ihr kein niedrigerer Lohn als der in diesen Verträgen vorgesehene angeboten werden.

Zudem können Kantone einen Mindestlohn einführen. In der Schweiz taten dies die Kantone Neuenburg, Jura, Tessin, Genf und Basel. Mit Ausnahme des Kantons Genf liegen die festgelegten Mindestlöhne unter 4000 Franken pro Monat, welcher sich als Marke für einen fairen Mindestlohn etabliert hat. In Neuenburg und Jura wurden die Beträge auf der Grundlage dessen festgelegt, was ein erwachsener Mensch braucht, um über der Armutsgrenze leben zu können.

Die Einführung eines Mindestlohns dient der Armutsbekämpfung, indem sichergestellt wird, dass jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin einen angemessenen Lohn erhält, mit dem er oder sie die monatlichen Lebenshaltungskosten ohne Probleme bestreiten kann. Dadurch wird beispielsweise auch das Lohndumping bekämpft, wo Arbeitgeber/-innen Arbeitskräfte zu sehr tiefen Löhnen anstellen (Dumpinglöhne). 

Zusätzlich treibt ein Mindestlohn die Gleichberechtigung der Frau voran. Frauen arbeiten überdurchschnittlich oft in Tieflohnbranchen, sind häufiger Teilzeit tätig oder unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit für eine gewisse Zeit. Ein Mindestlohn stellt insgesamt einen Schutz für sogenannte prekäre Beschäftigungsverhältnisse dar, von denen überdurchschnittlich viele Frauen betroffen sind.

Die Einführung von Mindestlöhnen kann zum Abbau von Stellen führen. Vor allem Jugendliche, junge Erwachsene und Niedrigqualifizierte erhielten so weniger Gelegenheiten, einen Job zu ergattern.

Branchen mit geringer Produktivität können sich ArbeitgeberInnen die höheren Löhne nicht leisten. Gerade in Berufszweigen, in denen die Margen tief sind, haben Firmen wenig finanziellen Spielraum. Höhere Lohnkosten geben sie an die Kunden weiter oder sie kürzen die Pensen der Angestellten.

Bereits heute existieren genügend Massnahmen zum Schutz der Löhne und zur Unterstützung von Personen mit niedrigen Einkommen (Kinderzulagen, Prämienverbilligungen etc.).

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2. Befürworten Sie strengere Regulierungen für den Finanzsektor (z.B. strengere für Banken, Bonusverbot)?

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Erläuterungen

Die Finanzsektor gehört zu dem am stärksten regulierten Bereich der Wirtschaft. Wichtigste Ziele der Finanzregulierung sind der Individualschutz (Gläubiger-, Anleger- und Versichertenschutz), die Systemstabilität sowie die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte. Das Parlament erlässt die Schweizer Finanzregulierung in Form von Gesetzen. Beispiele für wichtige Gesetze im Bereich der Regulierungen des Finanzsektors sind das Bankengesetz (BankG), das Geldwäschereigesetz (GwG) und das Finanzmarktaufsichtsgesetz (FINMAG).

Das Schweizer Bankengesetz beinhaltet auch die Regulierungen zu systemrelevanten Banken („Too big to fail“-Gesetz), welche 2012 nach der UBS-Rettung von 2008 in Kraft getreten sind. Die «Too big to fail»-Bestimmungen sehen für die systemrelevanten Banken höhere finanzielle Anforderungen vor. Auch müssen die Banken für den Krisenfall Notfallpläne bereithalten. Nach der im vergangenen Frühling vorgenommenen Übernahme der Credit Suisse durch die UBS stellt sich nun die Frage, ob das «Too big to fail»-Gesetz angepasst werden muss.

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3. Sollen Privathaushalte ihren Stromanbieter frei wählen können (vollständige des Strommarktes)?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Bei einer vollständigen Liberalisierung des Strommarktes wird die freie Wahl des Stromanbieters auf die privaten Haushalte und die kleineren und mittleren Unternehmen ausgeweitet. Für Grosskund/innen, welche einen Mindestverbrauch von 100 Megawattstunden haben, steht diese Möglichkeit bereits seit 2009 offen. KMU und Privathaushalte müssen heute den Strom beim lokalen Monopolanbieter (z.B. dem städtischen oder kantonalen Elektrizitätswerk) beziehen. 

Ursprünglich war es vom Bundesrat vorgesehen, die vollständige Öffnung des Strommarktes mit der Revision des Stromversorgungsgesetzes umzusetzen. Das Vorhaben wurde allerdings vom Ständerat abgelehnt.

Durch die Liberalisierung kann jede/-r Endverbraucher/-in den Stromanbieter wählen. Dies stärkt die Wahlfreiheit der Konsument/-innen und entspricht den Zielen der Energiewende.

Eine Liberalisierung bedeutet nicht, dass die Stromerzeuger privatisiert werden müssen.

Weil die Konsument/-innen die Wahl haben und so ein Wettbewerb unter den Anbietern entsteht, kann man von sinkenden Strompreisen ausgehen.

Schon lange wird ein Stromabkommen mit der EU diskutiert, jedoch ist dieses ohne Strommarktliberalisierung nicht möglich, da in der EU der Strommarkt bereits liberalisiert ist.

Die Öffnung fördert auch die dezentrale Stromproduktion und innovative Geschäftsmodelle (z.B. Energiegemeinschaften), wodurch erneuerbare Energien besser in den Markt integriert werden können.

Die Liberalisierung öffnet den Schweizer Strommarkt auch für ausländische Stromanbieter/-innen. Es besteht die Gefahr, dass dadurch vermehrt billiger, schmutziger Strom z.B. aus Kohlekraftwerken angeboten wird. Die Strommarktliberalisierung behindert somit die Energiewende.

Die Liberalisierung bedroht Schweizer Produzent/-innen von Strom aus erneuerbaren Energiequellen und somit die Arbeitsplätze in der Stromindustrie.

Beispiele aus dem Ausland (Grossbritannien, Deutschland) zeigen, dass die Liberalisierung des Strommarkts keineswegs immer zu tieferen Preisen für die Konsument/-innen führen muss. 

Der Strommarkt hat eine Systemrelevanz, die mit marktwirtschaftlichen Prozessen allein nicht zu regulieren ist. Das Risiko ist zu hoch, dass die Qualität der Stromversorgung unter Kosteneinsparungen der Anbieter/-innen sinkt. Besonders betroffen wären möglicherweise ländliche oder abgelegene Gebiete, in denen es schwieriger ist, ein zuverlässiges Stromnetz aufrechtzuerhalten.

Die Liberalisierung könnte zu Komplexität und Unübersichtlichkeit für Verbraucher/-innen führen, da sie zwischen verschiedenen Tarifen und Anbieter/-innen wählen müssen.

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4. Sollen die Vorschriften für den Bau von Wohnraum gelockert werden (z.B. Lärmschutz, )?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Die Nachfrage nach Mietwohnungen in der Schweiz steigt weiter an. Durch das Bevölkerungswachstum, die Zuwanderung und den Trend zu immer kleineren Haushalten benötigt die Schweizer Bevölkerung immer mehr Wohnraum. Gleichzeitig ist die Zahl der Baugesuche auf ein 25-Jahre-Tief gefallen und es ist derzeit keine Ausweitung der Wohnbautätigkeit in Sicht. Schätzungen zufolge wird das Angebot an Neubauwohnungen im Vergleich zu 2018 um ein Viertel bis ein Drittel sinken. Dies führt zu Wohnraummangel und steigenden Mietpreisen.

Als Grund für die geringe Bautätigkeit nennen Investor/-innen zu knappes und teures Bauland, das höhere Zinsniveau und die Bauteuerung, sowie zu strenge Bauvorschriften. 

Ein Vorschlag, diesen hindernden Anreizen entgegenzuwirken, ist eine Lockerung der Bauvorschriften. Konkret beinhaltet die Diskussion eine Lockerung der Lärmschutzvorschriften und Anpassungen, die ein dichteres Bauen ermöglichen (z.B. Ausnützungsziffern und maximale Bauhöhen erhöhen). Weiter sollen auch die Einsprachemöglichkeiten überdacht werden, da diese zu mehr Aufwand und verzögerten Prozessen führen.

Durch die Lockerung der Vorschriften wird der Bauprozess von Wohnungen vergünstigt und beschleunigt. Dies setzt Anreize für Bauherr/-innen, mehr Wohnungen zu schaffen und dem aktuellen Wohnungsmangel auf der Angebotsseite entgegenzuwirken.

Die Schweizer Baubranche leidet oft unter langwierigen Genehmigungsverfahren und bürokratischen Hürden, die zu Verzögerungen führen. Die Prozesse können ohne staatliche Vorgaben freier und zielgerichteter optimiert werden.

Vorschriften dienen dem Schutz und der Sicherheit während und nach dem Bau. Eine Lockerung dieser Vorschriften mindert die Wohnqualität für die Bewohner/-innen, beispielsweise durch andauernden Lärm oder übermässig verdichteten Wohnräumen.

Mehr Wohnungen zu bauen genügt nicht, um den Wohnraummangel zu mindern. Vielmehr müssen die Wohnungen auch bezahlbar sein. Dafür braucht es andere Massnahmen, wie beispielsweise eine stärkere Kontrolle der Renditen.

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5. Befürworten Sie eine strengere Kontrolle der Lohngleichheit von Frauen und Männern?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Die Lohngleichheit der Geschlechter ist in der Bundesverfassung in Art. 8 Abs. 3 verankert und wird im Gleichstellungsgesetz weiter ausgeführt. Das Gesetz besagt, dass für gleiche oder gleichwertige Arbeit der gleiche Lohn bezahlt werden muss.

Durchschnittlich erhalten Frauen in der Schweiz 18% weniger Lohn als Männer. Ein Teil davon kann mit objektiven Kriterien wie berufliche Stellung, Ausbildungsjahre und Dienstjahre begründet werden. Gemäss der Lohnstrukturerhebung 2016 des Bundesamts für Statistik bleiben sieben bis acht Prozent der Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern aber unerklärbar, trotz gleicher Arbeit und gleicher Qualifikation. Diese ist im privatwirtschaftlichen Sektor etwas höher als im öffentlichen.

Im öffentlichen Beschaffungswesen der Schweiz werden heute nur Anbietende berücksichtigt, welche unter anderem die Lohngleichheit zwischen Mann und Frau erfüllen. Neu müssen zudem Unternehmen mit mindestens 100 Arbeitnehmenden künftig alle vier Jahre eine Lohngleichheitsanalyse durchführen. Die Unternehmen müssen ihre Angestellten und Aktionäre über die Ergebnisse informieren. 

Von dieser Regelung sind knapp ein Prozent aller Unternehmen betroffen. Da es sich um Grossunternehmen handelt, sind rund 44 Prozent aller Arbeitnehmer/-innen in der Schweiz bei diesen Unternehmen beschäftigt.

Geschlecht reichen nicht aus. Z.B. sollten schon Unternehmen ab 50 Mitarbeiter/-innen eine Lohngleichheitsanalyse durchführen.

Die Lohndiskriminierung ist ein strukturelles Problem. Wie auch in anderen Bereichen der Arbeitswelt (Bsp.: Mindestlöhne, Kündigungsschutz, Arbeitszeiten) braucht es hierbei Kontrollmechanismen in Form staatlicher Interventionen.

Frauen können sich zwar vor dem Arbeitsgericht wehren, jedoch riskieren sie dadurch eine Entlassung. Vor «Rache»-Kündigungen sind sie nur während sechs Monaten geschützt.

Die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist statistisch schwierig zu fassen und teuer.

Es soll keine staatliche Einmischung in die Lohnpolitik geben. Die Kontrolle über die Löhne gehört allein dem Arbeitgeber.

Frauen könnten sich vor dem Arbeitsgericht wehren, wenn sie betreffend Lohn diskriminiert werden. Es sind keine weiteren Massnahmen nötig.

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