Nationalratswahlen 2023
1. Sozialstaat & Familie (0/6)

1. Befürworten Sie eine Erhöhung des Rentenalters (z.B. auf 67 Jahre)?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) gehört zu den wichtigsten Sozialwerken der Schweiz und ist ein wesentlicher Pfeiler der schweizerischen Altersvorsorge. Sie ist eine obligatorische Versicherung. Durch die AHV soll bei Wegfall des Erwerbseinkommens infolge von Alter oder Tod der notwendige Lebensbedarf (Existenzgrundbedarf) gedeckt werden.

Die AHV-Leistungen sind abhängig von der Höhe des bisherigen Einkommens und der Beitragsdauer. Finanziert wird die AHV nach dem Umlageverfahren. Das heisst, dass Personen im erwerbsfähigen Alter mit ihren Beiträgen die laufenden Renten der älteren Generationen finanzieren. Die Anzahl der Renter/-innen im Vergleich zu den Erwerbstätigen wird jedoch immer grösser. Die finanzielle Lage der AHV verschlechtert sich dadurch zusehends.

Um diesem Ungleichgewicht zwischen den Erwerbstätigen und der Rentnergeneration beizukommen und das Leistungsniveau der AHV beizubehalten, wird - neben anderen Massnahmen - vorgeschlagen, das Rentenalter der gestiegenen Lebenserwartung anzupassen. Damit soll die AHV finanziell entlastet werden. Die Schweizerische Stimmbevölkerung hat am 25. September 2022 die Reform AHV 21 angenommen, die das Rentenalter der Frauen schrittweise auf 65 erhöht. Diese tritt voraussichtlich am 1. Januar 2024 in Kraft.

Das Rentensystem muss aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung und des Geburtenrückgangs angepasst werden. Ohne eine Erhöhung des Rentenalters werden immer weniger Erwerbstätige für immer mehr und immer länger lebende Rentner/innen aufkommen müssen. 

Das Umlageergebnis von den Beschäftigten zu den Rentner/-innen wird in Zukunft ohne Massnahmen früher oder später ein Defizit aufweisen.

 

Die Erhöhung des Rentenalters widerspricht den Realitäten des Arbeitsmarktes. Bereits heute werden immer mehr Personen frühzeitig pensioniert – ungefähr ein Drittel der erwerbstätigen Personen im Jahr vor der Pensionierung. 

Bei einer generellen Erhöhung des Rentenalters können sich viele Arbeitnehmende eine Frühpensionierung nicht mehr leisten. Davon sind insbesondere Personen aus körperlich anstrengenden Berufen mit niedrigem Einkommen betroffen (z. B. aus der Baubranche). 

Bereits heute ist es für Personen über 60 Jahre schwierig eine Stelle zu finden. Dies könnte sich mit einer Erhöhung des Rentenalters verschärfen.

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2. Soll der Staat mehr Mittel für die zur Verfügung stellen?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Die Krankenkassenprämie ist der Beitrag, den eine Privatperson jeden Monat für die Versicherung bezahlen muss. Die Höhe der Kosten hängt von der Versicherung und Franchise, sowie vom Wohnort und Alter ab. Personen mit einem tieferen Lohn und / oder vielen Kindern erhalten eine Prämienverbilligung vom Kanton, in dem sie wohnen. 

Aufgrund der steigenden Kosten im Gesundheitswesen stiegen die Prämien in den letzten Jahren stetig an, voraussichtlich wird es auch per 2024 eine weitere Erhöhung der Krankenkassenprämien geben. Um dem entgegenzuwirken, fordert eine Initiative (Prämien-Entlastungs-Initiative), dass keine versicherte Person mehr als zehn Prozent ihres Einkommens für die Prämien bezahlen muss. Das bedeutet, dass den Personen, bei welchen die Kosten 10% des Einkommens überschreiten, eine Prämienverbilligung zusteht. Die Initiative sieht vor, dass der Bund mindestens zwei Drittel der Kosten übernimmt.

In einem Gegenvorschlag zur Initiative wird vorgeschlagen, dass der Bund die Kantone dazu verpflichtet, mehr Mittel für die Prämienverbilligung bereitzustellen. Heute belaufen sich die Vorgaben vom Bund dabei um eine Verbilligung von mind. 80% für Kinder aus einkommensschwachen Haushalten, sowie mind. 50% für junge Erwachsene in Ausbildung.

Die Kosten der Krankenkassenprämien steigen stetig und belasten viele Personen mit geringem Einkommen. Der Bund könnte dem entgegenwirken.

Die Kaufkraft der Leute wird durch die Massnahme gestärkt.

Die Kantone sind zuständig für die Spitalplanung. Es ist nicht gerechtfertigt, wenn der Bund die steigenden Kosten des Gesundheitswesens kompensieren muss.

Die Initiative enthält keine Anreize zur Eindämmung der steigenden Gesundheitskosten, die die Ursache für das Problem darstellen.

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3. Bei Ehepaaren ist die Höhe der Rente heute auf 150% der maximalen individuellen AHV-Rente begrenzt (Plafonierung). Soll diese Begrenzung abgeschafft werden?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Die AHV ist die Erste Säule der Altersvorsorge. Die 1. Säule soll den Rentner/-innen ein Einkommen garantieren, das die Grundbedürfnisse in der Zeit nach der Pensionierung deckt. Gegenwärtig beträgt die minimale Altersrente für eine Einzelperson monatlich 1225 Franken; die Maximalrente beläuft sich auf 2450 Franken.

Bei Ehepaaren sieht das AHV-Gesetz vor, dass die Summe der Einzelrenten den Betrag von 3675 Franken nicht überschreiten darf. Dies entspricht 150% der maximalen Einzelrente (2450 Franken). Grundsätzlich werden die Renten eines Ehepaars getrennt voneinander ausbezahlt. Überschreiten die jeweiligen Einzelrenten eines Ehepaars den Betrag von 3675 Franken, werden die Renten gekürzt. Das heißt, Ehepaare erhalten als Einzelpersonen weniger Rente, wenn sich die Summe ihrer Einzelrenten auf über 3675 Franken beläuft.

Die Plafonierung der AHV benachteiligt Ehepaare im Vergleich zu Einzelpersonen. Dies ist ungerecht, da der Zivilstand nicht die Höhe des Wohlstands bestimmen sollte.

Gegner/-innen der Aufhebung argumentieren, dass Ehepaare über andere Privilegien bei den Renten verfügen (s. auch unten).  Diese gleichen die Benachteiligung durch die Plafonierung aber nicht aus. Beispielsweise begünstigt der Umstand, dass beide Ehepartner versichert sind, auch wenn nur eine Person AHV-Beiträge leistet, nur Paare in einem traditionellen Familienmodell. Der Verweis auf die Witwer- bzw. Witwenrente ist auch mangelhaft, da diese erst mit dem Tod des/der Partner/-in eintritt.

Die Aufhebung der Plafonierung belastet die AHV finanziell und gefährdet deren langfristige Stabilität.

Bei der Plafonierung handelt es sich um eine ungleiche, aber nicht ungerechte Behandlung von Ehepaaren. Ehepaare geniessen andere Vorteile in der AHV, sowie auch in anderen Sozialversicherungen: Beispielsweise bleiben beide Personen versichert, auch wenn nur eine Person AHV-Beiträge bezahlt, und nur Ehepaare haben Anspruch auf eine Witwer- bzw. Witwenrente.

Ehepaare teilen in der Regel ihre Fixkosten (z.B. Miete). Sie benötigen insgesamt deshalb weniger Geld als zwei Einzelpersonen, die zwei eigene Haushalte führen.

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4. Im Rahmen der -Reform sollen die Renten gekürzt werden (Senkung von 6.8% auf 6%). Befürworten Sie diese Massnahme?

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Erläuterungen

Die obligatorische berufliche Vorsorge (BVG) bildet die zweite Säule der schweizerischen Altersvorsorge. Die BVG hat zum Ziel den Versicherten die Fortsetzung ihres bisherigen Lebensstandards in angemessener Weise zu ermöglichen.

In die berufliche Vorsorge zahlen die Arbeitnehmer/-innen und Arbeitgeber/-innen zu mindestens gleichen Teilen in die Pensionskassen ein. Das Verfahren, das dabei angewendet wird, nennt sich Kapitaldeckungsverfahren: jeder und jede spart und bezahlt direkt für seine oder ihre eigene Leistung, wobei der/die Arbeitgeber/-in mindestens die Hälfte der Beiträge übernimmt.

Dieser individuelle Sparprozess beginnt mit 25 Jahren. Die Bedingung ist ein jährliches Erwerbseinkommen von mindestens 22 050 Franken. Der Sparprozess endet mit dem Erreichen des Rentenalters. Mit dem Erreichen des Rentenalters wird das angesparte Guthaben im obligatorischen Teil (2023: Löhne bis CHF 88'200) mit einem Umrechnungsfaktor von 6.8% (Mindestumwandlungssatz) in die jährliche Altersrente umgewandelt. Somit erhalten Rentner/-innen jährlich 6.8% ihres über die berufliche Laufbahn angesparten Kapitals.

Die vom Parlament 2023 beschlossene Reform der beruflichen Vorsorge ("BVG-Reform") enthält neben der Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6.8 Prozent auf 6 Prozent auch Ausgleichsmassnahmen für 15 Jahrgänge. Die vorliegende Frage bezieht sich ausschliesslich auf die Senkung des Mindestumwandlungssatzes.

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5. Soll die bezahlte Elternzeit von heute 14 Wochen Mutterschafts- und zwei Wochen Vaterschaftsurlaub ausgebaut werden?

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Erläuterungen
Pro
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In der Schweiz können Frauen heutzutage nach der Geburt eines Kindes 14 Wochen Mutterschaftsurlaub und Väter zwei Wochen Vaterschaftsurlaub beziehen. Im Gegensatz zu ersterem kann der Vaterschaftsurlaub flexibel bezogen werden, das heisst entweder am Stück oder an einzelnen Tagen. Beide Elternteile erhalten 80% des Lohns während dieser Zeit.

Viele europäische Länder haben im Gegensatz zur Schweiz eine Elternzeit, die den Eltern mehr Spielraum bei der Aufteilung gibt. Die Eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKFF) setzt sich ebenfalls dafür ein. Sie schlagen ein 38 Wochen-Modell mit 22 zusätzlichen Wochen Elternzeit vor. Der Vorschlag sieht unter anderem vor, dass Mütter zwischen 16 und 23 und Väter 15 bis 22 Wochen Elternzeit beziehen können.

Gegner/-innen eines Ausbaus schlagen vor, dass die bereits gesetzlich festgelegten 14 Wochen flexibel zwischen den Elternteilen aufgeteilt werden können und die Mutter nur noch ein zweiwöchiges Arbeitsverbot hat (anstelle von acht Wochen).

Auf kantonaler Ebene hat der Kanton Genf in einer Abstimmung vom 18. Juni 2023 als erster Kanton eine Elternzeit von 24 Wochen angenommen. Im Kanton Bern hingegen wurde am selben Tag die Einführung einer Elternzeit von 24 Wochen abgelehnt, die zusätzlich zu den bereits geltenden Mutter- und Vaterschaftsurlauben gegolten hätte.

  • Eine nationale Regelung vereinheitlicht die Rechte der Eltern und regelt die Kostenverteilung.

  • Die Kinderbetreuung wird egalitärer aufgeteilt und nicht automatisch der Rolle der Mutter zugeschrieben.

  • Ein Ausbau der Elternzeit wirkt der Diskriminierung von Frauen im Arbeitsmarkt entgegen. Bei heterosexuellen Paaren fördert väterliches Engagement zuhause die Kapazitäten der Frau bei der Lohnarbeit.

  • Der Ausbau der Elternzeit bringt hohe Kosten mit sich.

  • Die Vater- und Mutterschaftsurlaube, die es bereits heute gibt, reichen aus.

  • Unternehmen sollen frei entscheiden können, ob sie ihren Mitarbeiter/-innen eine längere Elternzeit geben. Die damit verbundene Abwesenheit muss kompensiert werden, was vor allem für Kleinbetriebe sehr schwierig und finanziell aufwendig ist.

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6. Soll der Bund den finanziell stärker fördern?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Gemeinnützige Bauträger orientieren sich an der Kostenmiete und wirtschaften ohne Gewinnabsichten. Damit spielen sie insbesondere für die Wohnungsversorgung von Bevölkerungsgruppen, die auf dem Markt aus wirtschaftlichen oder sozialen Gründen benachteiligt sind, eine wichtige Rolle. Die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus ist als Verfassungsauftrag (Art. 108 BV) ein Ziel der Wohnungspolitik des Bundes. 

Heute fördert der Bund den gemeinnützigen Wohnungsbau indirekt über den sogenannten «Fonds de Roulement» (FdR). Beim FdR handelt es sich um einen Fonds des Verbands der gemeinnützigen Wohnbauträger, mit dem Wohnbaugenossenschaften zinsgünstige Darlehen gewährt werden. Dieser wurde 2020 mit einem Rahmenkredit von 250 Mio. CHF für 10 Jahre aufgestockt, um den Marktanteil gemeinnütziger Wohnungen aufrechtzuerhalten. Gemessen am Gesamtwohnungsbestand liegt dieser bei rund 5 Prozent. Zwischen den Kantonen gibt es jedoch starke Variationen.

Weitere Vorschläge für Förderungsmassnahmen haben sich bis anhin nicht durchgesetzt. So stimmte das Stimmvolk 2020 gegen die Initiative “Mehr bezahlbare Wohnungen”, die unter anderem verlangte, dass jährlich mindestens 10 Prozent der neu gebauten Wohnungen durch gemeinnützige Wohnbauträger erstellt werden

Aufgrund steigender Mietpreise in Städten und Agglomerationen finden Familien, ältere und junge Menschen keine bezahlbaren Wohnungen mehr. Der Bund nutzt die Massnahmen zur Förderung von bezahlbarem Wohnbau zu wenig und soll sich stärker engagieren.

Mit der Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus und preisgünstiger Wohnungen wird das Wohnen langfristig der Spekulation und dem Renditedruck entzogen. 

Der Marktanteil gemeinnütziger Wohnungen stagniert seit 20 Jahren auf demselben Niveau. Auch der Bundeskredit von 2020 garantiert nur den bestehenden Marktanteil und stellt keine eigentliche Verbesserung der Situation dar.

Aufgabe der Wohnbaupolitik ist auf der Stufe der Kantone und Gemeinden besser angesiedelt, da sie sich mit den Verhältnissen vor Ort besser auskennen.

Der Bund sollte sich an einer marktwirtschaftlich organisierten Versorgung mit Wohnraum orientieren. Vor allem sollte auf wirtschaftsfeindliche Massnahmen wie z.B. fixe Quoten für neu erstellte gemeinnützige Wohnungen verzichtet werden.

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