Nationalratswahlen 2019
3. Bildung (0/4)

1. Soll sich der Staat stärker für gleiche Bildungschancen einsetzen (z.B. mit Nachhilfe-Gutscheinen für Schüler/-innen aus Familien mit geringem Einkommen)?

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Erläuterungen

Bildung zählt zu den wichtigsten Voraussetzungen, um Erwachsene, Familien und ihre Kinder vor Armut zu schützen. Jedoch bestehen bereits bei der Einschulung teilweise starke Unterschiede bei den schulischen Kompetenzen zwischen Kindern unterschiedlicher sozialer Herkunft. Diese beeinflussen oft den weiteren Bildungsverlauf stark.

Bislang bestehen kantonal unterschiedliche Systeme mit staatlichen Unterstützungsleistungen für Familien mit geringem Einkommen. Diese Zahlungen sind jedoch nicht direkt zweckgebunden für Bildungsangebote.

Im Rahmen der Chancengleichheit in der Bildung werden unterschiedliche Ansätze diskutiert. Bildungsgutscheine werden gezielt für einen bestimmten Zweck abgegeben und sind in der Schweiz bisher hauptsächlich bekannt zur Unterstützung der Weiterbildung.

Analog dazu könnten Familien mit geringem Einkommen Nachhilfegutscheine erhalten, die sie anschliessend bei einem Bildungsanbieter ihrer Wahl einlösen. Weitere Massnahmen betreffen die Frühförderung von Kindern, sowie Unterstützung der Eltern. Zudem kann eine erhöhte Durchlässigkeit des Bildungssystems (einfacherer Wechsel zwischen Schul- resp. Bildungsniveaus) die Bildungschancen begünstigen.

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2. Finden Sie es richtig, wenn Schulen Dispense aus religiösen Gründen für einzelne Fächer oder Veranstaltungen bewilligen (z.B. Sport- oder Sexualkundeunterricht)?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Der Schulbesuch der Primarstufe und der Sekundarstufe I ist grundsätzlich obligatorisch. Es gibt jedoch zahlreiche Gründe für mögliche Absenzen. Diese Absenzen sind zum Teil unvorhersehbar (z.B. bei Krankheit) oder voraussehbar (z.B. bei Gesuchen um Dispensationen an einzelnen religiösen Feiertagen).

In welchem Ausmass Dispensationen zu erteilen sind, bestimmen in erster Linie die kantonalen Behörden. Gesuche um vereinzelte Freistellungen vom Unterricht für religiöse Feiern beispielsweise werden in der Regel gutgeheissen, da dadurch der geordnete und effiziente Unterricht nicht gefährdet wird.

Anders verhält es sich bei Dispensationsgesuchen von gesamten Unterrichtseinheiten (wie z.B. Klassenfahrten, der Sexualaufklärung oder dem Schwimmunterricht) aus religiösen Motiven. Hier besteht ein Spannungsfeld zwischen Religion und Staat beziehungsweise zwischen der Religionsfreiheit jedes Einzelnen und der laizistischen Schule.

  • Wenn einzelne Fächer nicht mit den religiösen Überzeugungen gläubiger Familien vereinbar sind, dürfen deren Kinder auf keinen Fall zum Unterricht gezwungen werden. Die Religionsfreiheit als grundlegendes Menschenrecht ist unbedingt zu respektieren.
  • Solch gravierende Einschränkungen der Glaubens- und Gewissensfreiheit kammen einem Assimilierungszwang gleich. Dies kann Minderheiten an den Rand der Gesellschaft und in Subkulturen drängen und ist der Integration auf keinen Fall förderlich.
  • Integration beinhaltet die vollständige Anerkennung der Schweizer Rechtsordnung. Somit hat jedes Schulkind, egal welcher Religion, den Schulunterricht im Rahmen der obligatorischen Schulfächer vollständig zu absolvieren. An öffentlichen Schulen gelten für alle die gleichen Rechte und Pflichten.
  • ​​​​​Die obligatorische Schule ist ein wichtiger Ort der Integration und der Sozialisierung. Integrationsbemühungen müssen vor die Glaubens- und Gewissensfreiheit gestellt werden. Im schlimmsten Fall kommt es aufgrund solcher Dispense gar zu einer Marginalisierung des Kindes innerhalb der Klasse.
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3. Soll der Bund die finanzielle Unterstützung für die berufliche Weiterbildung und Umschulung ausbauen?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Der Strukturwandel in der Wirtschaft führt dazu, dass Arbeitnehmende, die sich keiner beruflichen Weiterbildung oder Umschulung unterziehen, ein erhöhtes Risiko von Arbeitslosigkeit aufweisen. War es in den 1980er- und 1990er-Jahren die zunehmende Automatisierung von Arbeitsabläufen in der Industrie, erfasst die aktuelle Digitalisierung praktisch alle Wirtschaftsbranchen. Befürchtet wird, dass in den nächsten Jahrzehnten viele Jobprofile auf dem Arbeitsmarkt wegfallen werden und sich die Arbeitnehmenden daher rechtzeitig und intensiver als heute weiterbilden bzw. umschulen lassen sollten. Dies kann auf Eigeninitiative, in Absprache mit dem oder der Arbeitgeber/-in oder im Falle bereits eingetretener Arbeitslosigkeit mit Unterstützung der Arbeitsvermittlungsstelle geschehen.

  • Die Digitalisierung und Robotisierung wird Tausende von Jobs kosten. Der Bund muss daher die Weiterbildung und Umschulung viel stärker als heute finanziell fördern, bevor es für viele Arbeitnehmende zu spät ist.
  • Es ist besser, wenn der Bund in diesen zukunftsgerichteten Bereich investiert, bevor die Arbeitslosigkeit wegen des Strukturwandels ansteigt und zusätzliche Ausgaben in der Arbeitslosenversicherung anfallen.
  • Mitarbeitende sind am meisten zur Weiterbildung oder Umschulung motiviert, wenn sie dies zusammen mit ihrem Arbeitgeber planen und einen Teil der Kosten selbst übernehmen.
  • Weiterbildung und Umschulungen sind nicht Teil der obligatorischen Grundausbildung und sollten von den Arbeitnehmenden als Investition in sich selbst betrachtet werden. Wirtschaft und Arbeitnehmer wissen selbst am besten, was der Arbeitsmarkt braucht, nicht der Staat.
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4. Gemäss dem Konzept der integrativen Schule werden Kinder mit Lernschwierigkeiten oder Behinderungen grundsätzlich in regulären Schulklassen unterrichtet. Befürworten Sie dies?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Im Rahmen der integrativen Schule sollen Kinder, für deren Schulung besondere pädagogische Massnahmen nötig sind, soweit möglich in einer Regelklasse unterrichtet werden. Das integrative Schulmodell sieht eine gemeinsame Schule für alle, d.h. auch für lernschwache, verhaltensauffällige und behinderte Kinder vor.

​​​​​​​Die betreffenden Schüler/-innen werden nebst der Lehrperson zusätzlich und individuell von speziell ausgebildeten Fach- und Förderlehrpersonen der schulischen Heilpädagogik auf ihrem Lernweg begleitet.

Das Gegenmodell sind Sonderklassen, in denen ausschliesslich lernschwache und behinderte Schüler/-innen unterrichtet werden.

  • Studien zeigen, dass lernschwache und geistig behinderte Schüler mehr leisten, wenn sie in einer Regelklasse sind, als wenn sie in Sonderklassen unterrichtet werden. Ausserdem hat sich die Befürchtung, diese Kinder würden die Lernfortschritte der anderen Mitschüler hemmen, nicht bewahrheitet.
  • In einer integrativen Schule müssen lernschwache und behinderte Kinder nicht im Schonraum der Heilpädagogik lernen, sondern können sich an der Realität orientieren. Zusätzlich zu den Erwachsenen beeinflussen so auch die Mitschüler/innen die Entwicklung der lernschwachen und behinderten Kinder positiv.
  • Dank sozialer Kontaktmöglichkeiten in der Schule entfaltet sich die Integration auch ausserhalb der Schule.
  • Der integrative Ansatz funktioniert mindestens so gut wie das Modell der Sonderklassen. Deshalb gibt es keinen Grund, den grossen pädagogischen Aufwand für einen getrennten Unterricht zu betreiben.
  • Der Integrationsansatz ist grundsätzlich unbestritten, der schulische Unterricht ist aber nicht der richtige Ort dafür. Es ist zu befürchten, dass die integrative Schule den normalen Lernfortschritt der Kinder bremst, weil sich die Lehrpersonen jeweils an den langsameren Kindern orientieren. Die integrative Schule kann am Ende zu einem allgemeinen Absinken des Leistungsniveaus an Schulen führen.
  • Zudem können sich auch allfällige Konflikte zwischen Lehrpersonen und Heilpädagogen negativ auf die Kinder auswirken: Bei der integrativen Schule sind zu viele Therapeuten und Fachpersonen im Klassenzimmer, was dem Lernerfolg der Kinder nicht förderlich ist.
  • Die Regelklassen sind schon heute oft sehr heterogen zusammengesetzt. Mit der zusätzlichen Aufgabe ist zu befürchten, dass es zu einer Überforderung der Schule und der Lehrpersonen, welche bereits stark belastet sind, kommt.
  • Die automatische Integration in den Schulklassen ist eine Illusion. Vielmehr ist zu befürchten, dass in diesem Umfeld Kinder mit Behinderung sogar eher gehänselt und ausgeschlossen werden.
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